Thema, Meinung

Catcalling

13. Oktober 2021
Woran erkennt man den Sommer? An der Hitze, den Ferien, den einströmenden Tourist:innen oder mehr und mehr werdenden Ausflügen zum Eis essen? Klar, aber ein anderes unverkennbares Merkmal sind die wohlklingenden Schreie catcallender Männer.
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von Nora Nicolussi Moz

Catcalling (auch Cat-calling, deutsch etwa „Katzen-Rufen“) bezeichnet sexuell anzügliches Rufen, Reden, Pfeifen oder sonstige Laute im öffentlichen Raum, wie das Hinterherrufen sowie Nachpfeifen für gewöhnlich durch Männer gegenüber Frauen, und stellt eine Form der verbalen sexualisierten Belästigung dar. Der Begriff stammt aus der englischen Umgangssprache. (https://de.wikipedia.org/wiki/Catcalling)
(Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich natürlich NICHT ALLE MÄNNER meine, sondern nur jene, die sich so verhalten. Nennen wir sie ab jetzt einfach Männer™. Und vielleicht noch einige andere, zu denen ich später komme).

Es ist das erste Mal so richtig heiß, Shorts und Kleider werden ausgepackt und es wird sich auf den Weg in die örtliche Bibliothek gemacht, um mehr oder weniger entspannt für die anstehende KMP zu lernen. Hauptstraße. Bushaltestelle. Ein Van fährt vorbei. Plötzlich ertönt Hupen und Gegröle, welches man sich höchstens von Affen in Zoos erwartet (Die Evolution scheint bei diesen Individuen auch dort stehengeblieben zu sein). Nichts Neues. Egal mit welchen weiblichen Personen man spricht, es findet sich kaum eine, die noch nie unangemessene, unangenehme, furchteinflößende und prinzipiell nicht erwünschte Begegnungen mit Männern hatte. Sei es im Bus, am Bahnhof, beim Nachhauseweg vom Feiern, von der Arbeit, von der Schule. Und wenn man nach dem Alter erster Konfrontationen mit diesen Vorkommnissen fragt? 13, 14, 15. Kinder. Minderjährige. Wenn man davon erzählt, heißt es: “Fühl dich doch geschmeichelt”. Wieso sollten wir? Was ist schmeichelhaft daran, aus Autos angebrüllt zu werden und dies irgendwann nicht mal mehr als etwas Schlimmes zu empfinden, weil man abgestumpft ist? “Wenn ein Mädchen das bei mir machen würde, wäre ich als Mann froh”. 1. Wäre dies immer noch Belästigung und 2. wird hierbei ein wichtiger Punkt vergessen: Das Machtverhältnis. Versteht mich nicht falsch, es gibt genug Personen, denen ich es absolut zutraue, sich gegen einen Durchschnittsmann zu wehren. Aber Fakt ist, es ist nicht die Mehrheit. Die Mehrheit weiblicher Personen würde abends nicht alleine spazieren gehen, zumindest nicht ohne Sicherheitsvorkehrungen (Schlüssel zwischen den Fingern, Handy in der Hand, vielleicht mit jemandem telefonieren, keine Kopfhörer), denn auch wenn meistens nichts passiert, hört man im Laufe des eigenen Lebens viel zu viele Geschichten, in denen der Nachhauseweg eben nicht sicher geendet hat.
Einer der frustrierendsten Punkte (abgesehen vom kompletten Ignorieren von Consent und normalem menschlichen Umgang) ist das Unverständnis von jenen, die diese Dinge nicht erleben. Es kann sein, dass du “das nie machen” würdest, aber was ist mit Freunden? Würdest du dich gegen sie stellen, etwas sagen, auch nur mit der Wimper zucken? Wenn nicht, versuch doch vielleicht das nächste Mal Courage zu zeigen und etwas dagegen zu sagen!
Wie kann es sein, dass der einzige Moment, wo solche Art Männer Consent verstehen, der ist, wenn es ein anderer (imaginärer) Mann wäre, der ihnen so etwas nachbrüllen würde (und seien wir uns ehrlich: das passiert sowieso so gut wie nie und ist fast immer eine fiktive Situation, welche aus irgendeinem Grund viel mehr Wut auslöst als echte Situationen, welche Mädchen und Frauen tagtäglich passieren).
So viele Geschichten von so vielen unterschiedlichen Menschen und Situationen. Egal wo wie wann wie oft wie lange, sie summieren sich im Unterbewusstsein. Und bleiben dort hängen.

Nora

Nora

Redakteurin