Uni, Praktikumscheck

Bericht Pflegepraktikum

13. Oktober 2021
Als ich mich im ersten Semester mit dem Thema Pflegepraktikum auseinandersetzte, fand ich heraus, dass man dieses Praktikum in doch sehr verschiedenen Einrichtungen absolvieren kann. Viele Studierende entscheiden sich für ein Praktikum in einem Alters- bzw. Pflegeheim oder auch auf einer Intensivstation. Ich jedoch entschied mich für einen anderen Bereich, nämlich ein Hospiz, genauer gesagt ein Kinderhospiz im Ostallgäu: Das Kinderhospiz Sankt Nikolaus in Bad Grönenbach. 
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von Sofie Nagele

„Was ist ein Kinderhospiz überhaupt genau?“ – „Ein Ort, an dem kranke Kinder sterben.“ NEIN. Das ist eindeutig ein falsches Bild, welches viele Menschen von einer solchen Einrichtung haben. Genau deswegen möchte ich hier meine Erfahrungen teilen und somit den eigentlichen Sinn eines Kinderhospizes verdeutlichen.

Der Begriff Hospiz kommt aus dem Lateinischem (lat. Hospitium) und bedeutet so viel wie „Herberge“ oder „Gastfreundschaft“. Ein Kinderhospiz ist dementsprechend eine Herberge für lebenslimitierend erkrankte Kinder. Aber es ist auch noch so vieles mehr.

Im Kinderhospiz Bad Grönenbach wird ein ganzheitliches Konzept verfolgt, in welchem die lebenslimitierend erkrankten Kinder und auch deren Familien miteinbezogen und betreut werden. Es finden Gesprächsrunden für die Eltern statt, in denen Themen wie die Trauer und der Tod besprochen werden aber auch einfach frei aus dem Leben philosophiert wird. Ebenso gibt es Gesprächsrunden für die Geschwisterkinder.

Während meines Pflegepraktikums konnte ich einen guten Einblick in die Arbeit im Hospiz erlangen und teilweise auch selbst bei der Betreuung der Kinder helfen. So lernte ich Kinder und Jugendliche in verschiedenstem Alter kennen und durfte sie dabei vom Aufnahmegespräch bis zur Abreise begleiten. Es war schön zu sehen, dass das Haus so voller Leben war: Es wurde gesungen, gemalt, gespielt, es gab ein Schwimmbad, einen Trampolinraum, einen Snoozelraum, einen Aufenthaltsraum und Essbereich, einen schönen Garten mit Rollstuhlschaukel, Sandkasten und noch so vieles mehr.

An manchen Tagen war es laut und wir haben zusammengespielt und an anderen Tagen war es ruhig und wir haben einfach nur geredet. Geredet über ganz alltägliche Sachen, aber auch über Krankheiten und die Trauer und natürlich durfte auch der ein oder andere Witz seitens der erkrankten Kinder oder deren Familie nicht fehlen.
Ganz besonders schön war auch die Interaktion zwischen erkrankten Kindern und den Geschwisterchen, die mit unserer Hilfe zusammen gespielt haben, oder auch gezeichnet haben. Es war einfach normal für die Geschwisterkinder, ein schwer erkranktes Geschwisterchen zu haben.

Es ist wichtig zu erwähnen, wie das Thema rund um die Endlichkeit für mich präsent war, als ich wie so oft am Tag durch den langen, mit Tageslicht gefluteten Gang gegangen bin. Denn im Kinderhospiz gibt es ein ganz besonderes Ritual. Beim ersten Aufenthalt näht die Familie mit Hilfe einer Mitarbeiterin eine Fahne. Eine Fahne als Symbol für das erkrankte Kind. Eine ganz individuelle Fahne für jedes ganz individuelle Kind. Eine Fahne mit verschiedenen Motiven, Stoffarten, Symbolen, dem Namen, dem Geburtsdatum. Diese Fahnen werden während des Aufenthaltes auf eine bestimmte Tafel gehängt und sobald die Familie abreist, werden sie dann im hellen Gang aufgehängt. Kommt das Kind erneut ins Kinderhospiz, wird sie wieder auf die Tafel aufgehängt, und bei der erneuten Abreise findet sie wieder im Gang einen Platz. Stirbt ein Kind, was im Hospiz selbst selten vorkommt (meistens eher zu Hause), wird die Fahne an einem besonderen Platz aufgehängt. Später findet die Fahne neben vielen Weiteren einen neuen Platz im Garten, wo sie der Natur ausgesetzt, durch Nässe und Sonnenlicht, ausbleicht und verwittert. Und nach einiger Zeit wird die Fahne dann zum Beispiel in einem Ritual verbrannt und es wird eine kleine andere Fahne als symbolisches Zeichen im Garten platziert. Eine Fahne als Symbol für das Kind. Eine Fahne als Zeichen für die Endlichkeit. Eine Fahne als schönes Ritual – als Wegbegleiter.

 

An jedem Tag werden die Kinder und Familien aufgefangen und umsorgt. Jeder/jede darf sein, wie er oder sie ist. (Egal ob stumm, blind, über eine Sonde ernährt, 24/7 beatmet oder im Rollstuhl sitzend.) Denn schlussendlich geht es nicht um die Krankheit, sondern um die erkrankten Kinder selbst und deren Familien.

Sofie

Sofie

Redakteurin