Barmherzige Schwestern – Krankenhaus WIEN (A)
Der erste Tag gestaltete sich als im Vergleich zu anderen Famulaturen sorgfältig strukturiert: Es war ein Leichtes, an die erforderlichen Karten, Dokumente und Einverständniserklärungen zu kommen. Danach konnte ich auch schon direkt in das Krankenhausabenteuer starten.
Begonnen wurde jeder Arbeitstag immer gegen kurz nach acht zur Frühbesprechung mit dem gesamten ärztlichen Personal der Inneren Medizin. Im Anschluss daran war ich in der ersten Woche auf einer eher kleineren Station eingeteilt und direkt in den regulären Arbeitsablauf integriert. Das bedeutete: viel Blut abnehmen, Venflons legen und die neuen stationären Aufnahmen erledigen. Neu war für mich die schon vor einigen Jahren erfolgte komplette Umstellung analoger auf elektronische Kurven, sodass so ziemlich jede Arbeit an einem der vielen zur Verfügung gestellten Laptops gemacht werden musste. Hier war das Krankenhaus in vielerlei Hinsicht anderen um einiges voraus.
Nach getaner Arbeit gab es mittags in der gemütlichen Kantine immer die für mich essenziellen großzügigen Portionen, wobei sowohl vegetarische/vegane als auch Vollkost-Gerichte für jedermanns Geschmack erhältlich waren. Als Minus-Punkt sei hier angemerkt, dass ich dafür zahlen musste, was in Anbetracht meiner meisten Famulaturen, bei denen ich das Mittagessen bisher gratis gestellt bekommen hatte, eher schade war. Nichtsdestotrotz war das Essen dann ziemlich schmackhaft, was bestimmt an der relativ kleinen Größe des Krankenhauses liegt und somit mehr Fokus auf Qualität statt Quantität gelegt werden konnte.
Nachmittags wurde man, sobald nichts Großartiges mehr anfiel, schon relativ früh seiner Pflichten entlassen; in Wien wird man meiner Erfahrung nach teilweise schief angeguckt, wenn man noch nach 14:30 auf Station herumlungert und versucht, sich motiviert einzubringen; im Gegenteil zu so ziemlich jeder anderen Stadt, wo ich bisher famuliert habe.
Symbolbildliche Impression © (1)
In der zweiten Woche war ich anfangs in der gastroenterologischen Ambulanz eingeteilt, wo ich viel Patientendurchlauf beiwohnen konnte und alle möglichen Krankheitsbilder von Colitis ulcerosa, über Zöliakie bis hin zu Morbus Crohn und viele weitere zu Gesicht bekam. Lehrreich war hier, dass man auch, wenn dies angebracht und erforderlich war, das ein oder andere Mal selbst schallen durfte.
Wenn gerade nichts Spannendes anstand, stattete ich der Endosonografie oft einen Besuch ab, wo man immer mit offenen Armen empfangen wurde. Gerne gesehen war es, wenn man hier bei der Sedierung mithalf oder sich einfach mit Interesse und Nachfragen von den Polypektomien, Gastro- und Koloskopien am Bildschirm berieseln ließ.
Die letzten Tage waren dann mein persönliches Highlight, da ich nun in der Akutambulanz eingeteilt war und hier die meisten Notfälle mitbetreuen durfte. Sowohl Status, Anamnese, Zugänge und Verdachtsdiagnosen waren zunächst mir überlassen; dann musste jeder Fall übergeben werden und es wurde das weitere Procedere besprochen. Diese Art des Arbeitens war für mich extrem hilfreich, da ich das Gefühl hatte, erst wahrlich durch aktive Arbeit viel zu lernen und mir dies nachhaltig einzuprägen; wenn man als passiver Zombie in Patientengesprächen dabeisitzt, bleibt bei mir oft wenig bis nichts hängen, weil das Gehirn dann einfach auf Durchzug schaltet. Gerne hätte ich mehr Zeit in der Akutambulanz verbracht – das werde ich dann wohl im KPJ in der Internistischen Notaufnahme nachholen.
Alles in allem kann ich das Krankenhaus auf jeden Fall weiterempfehlen und sollte einem die Famulatur nicht gefallen, kann Wien als vielleicht coolste Stadt der Welt dies ja bestimmt kompensieren!
Eine zweite, eventuell noch bessere symbolbildlichere Impression? © (2)
Luc Beutin
Chefredakteur