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Der Wurm der Woche

12. Dezember 2024

Der wahre beste Freund des Menschen oder doch Klotz am Bein? 

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von Johannes Miehling

Warum hat es der Medinawurm verdient, Wurm der Woche zu werden? Zum einen, weil er auch Guineawurm heißt, obwohl Medina in Saudi-Arabien liegt und Guinea in Westafrika mit der Hauptstadt Conakry, also ultra weit auseinander. Macht ja mal gar keinen Sinn. Genauso wie der Lebenszyklus von Medini, wie wir ihn nennen dürfen. Er ist auch Auslöser der Dracontiasis, klingt nach Dragon, ist aber gar nicht mal nicht so cool. Lustigerweise werden die Weibchen 90-120 cm groß, die Männchen bleiben leider bei 4 cm. Aber meine Freundin denkt sowieso, das wären fast 20. Und die Größe ist auch nicht so wichtig, hab’ ich mir sagen lassen. Kurioserweise gehört er zur Ordnung der Rollschwänze, noch eine Gemeinsamkeit. Also alles Roger in Kambodscha.  

Bei der Haltung ist zu beachten, dass bis das Medini-Frauchen im humanen Bein einziehen kann, die kleinen Larvenbabys gerne mit ihrem Zwischenwirt, dem Ruderfußkrebs, chillen. Für den Umzug einfach beide zusammen in einem schönen, eisgekühlten Glas Dreckwasser konsumieren und schon kann die lustige Reise beginnen. Das Abenteuer durch den menschlichen Körper beginnt bei der Freisetzung der Mini-Medinis im Magen, von wo sie die Pylorusrutsche in den Dünndarm nehmen. Einmal rechts durch die Dudodenalmukosa abgekürzt und schon sind die kleinen Racker am ersten Etappenziel. Und was machen zwei juvenile und äußerst spitze Dracunculoidea-Teenies, wenn die ersten Hormone knallen? Genau, es geht erstmal richtig wild her im Retroperitonealraum. Traurigerweise ist das erste Mal auch das letzte Mal für unseren männlichen Racker, er muss leider sterben und wird eingekapselt. Aber der wahre Knaller ist einfach unser weiblicher Protagonist. Von Verhütung nichts wissen wollend, schwanger, pleite und ohne Unterstützung des Partners wächst die Gute nun bis zu einem Meter heran und wandert – sich in einem Anfall von Bingeeating durch das subkutane Bindegewebe der unteren Extremität schnabulierend bis zum Fuß, wo sie sich dann endlich niederlassen kann. Und um den Einzug gebührend zu zelebrieren, defäkiert die Gute erst einmal in die Ecke und ihre absonderlichen Absonderungen erzeugen ein außerordentliches, taubeneigroßes Geschwür. Wenn ihr denkt, das wäre schon knorke, jetzt geht’s richtig rund. Wenn ihr jetzt mit eurem Unterschenkeluntermieter und dieser grotesken Wucherung das Wasser berührt, platzt eure Haut, die von Medini und tausende kleine Medinis werden zum Plantschen entlassen. Die freunden sich wiederrum mit Ruderfußkrebsen an und der Spaß kann von vorne beginnen.  

Ganz besonders toll ist aber, wie emanzipiert die Guineamedinadracunculuswürmerweibchen es schaffen, nicht nur als alleinerziehende arbeitslose Mütter mit mehreren Tausend plagenden Bälgern ihren Alltag zu bestreiten, nein, sie bilden sogar das gesamte Rückgrat des faszinierenden Würmchenstamms. Nach zwei bis drei Wochen allerdings stirbt das Weibchen auch. Also Take Home Message: Don’t have retroperitoneal sex. You will get pregnant and die. 

Johannes Miehling

Johannes Miehling

Redakteur