Uni, Kommentar

Update Onlinelehre – das Ringen mit der MUI

18. November 2021
Erfahre im folgenden Artikel, welche Sicht das Rektorat momentan auf eine etwaige zukünftige Onlinelehre hat!
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von Luc Adrian Beutin

Wie einige von euch wahrscheinlich letzten Mittwoch mitbekommen haben, ist die Diskussion um die Zukunft einer möglichen Onlinelehre verschiedenster möglicher Formen an unserer Universität in eine neue Runde gegangen. Rektor Univ.-Prof. Dr. W. Wolfgang Fleischhacker sowie Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten Ao. Univ.-Prof. Dr. med. univ. Wolfgang Prodinger stellten sich einigen Fragen, welche sowohl vorab von der Studienvertretung gesammelt worden waren als auch von den Anwesenden im Plenum gestellt werden konnten. Lassen wir den Abend Revue passieren und sammeln, was genau besprochen wurde und ob neue Einigungen in diesem andauernden Konflikt der unterschiedlichen Standpunkte erzielt werden konnten.
In der kurzen Einführung zum Thema Onlinelehre vonseiten des Rektorats wurde sogleich von Herrn Prodinger betont, wie wichtig und verantwortungsbewusst die hohe Durchimpfungsrate der Studierenden und die damit ermöglichte Präsenzlehre an der MUI sei. Um den Themenabend weiter einzuläuten, folgte nun eine kurze PowerPoint-Präsentation, welche zum Zweck hatte, die Begrifflichkeiten rund um Präsenzlehre vs. Hybridlehre vs. synchrone/asynchrone virtuelle Lehre zu definieren. So sollten richtigerweise Missverständnisse in der Debatte vermieden werden. Leider wurde jedoch teilweise noch mehr Verwirrung gestiftet, wie spätere Präsenzfragen zeigten, da die neuen Begriffe wohl aufgrund der raren alltäglichen Benutzung nicht immer einheitliche Verwendung fanden.
Danach folgten auch schon die vorab festgelegten Fragen, die zwar den Hintergedanken hatten, zu einer gezielten aufklärungsreichen Diskussion zu führen, jedoch teilweise in etwas langen, zum Teil abschweifenden anekdotischen Monologen endeten. 
So lautete die erste Frage, wie es prinzipiell – unabhängig von Corona – mit der Lehre an der MUI weitergehen würde. Betont wurden nun eine Reihe von Punkten, die auch in darauffolgenden Fragen immer wieder bekräftigt wurden: So sehe sich die MUI als eine reine Präsenzuniversität und nicht als Fernuniversität wie z.B. die TU Graz, die eine solche Entwicklung aktiv bestrebe. Dies fuße darauf, dass Medizin immer in einem sozialen Kontext erlernt werden müsse. 
Erklärt wurde zudem, dass die Lehre in Zukunft mit einem reichhaltigeren Budget für die IT-Abteilung unterstützt werden würde, dessen konkrete Nutzung jedoch nicht gänzlich aus den Erläuterungen hervorging. Zudem würde ein kostenloser Zugang zur Lernplattform Amboss für alle Studierenden im Laufe des kommenden Jahres ermöglicht. Beibehalten würde außerdem die Nutzung der Heidelberger Klinischen Standards.

Nach einer Wiederholung, dass Präsenzstudium die Basis der Medizin sei, folgten zwei live-Umfragen: Zunächst wurde gefragt, wie viele Studierende sich heuer VO-Aufzeichnungen angesehen hätten; was mit rund 80 % bejaht wurde. Im Anschluss daran wurde erfragt, wie viele Studierende wüssten, dass alle VO-Aufzeichnungen aus dem letzten Semester über Webex und Watson online frei zur Verfügung stehen würden. Dies wurde wenig überraschend mit lediglich 45 % positiv beantwortet. Für Herrn Fleischhacker standen diese Umfragewerte nun im Widerspruch und stellten seines Erachtens einen Beweis für notwendige vorsichtige Interpretation von Umfragen dar, da er sich annähernd deckende Zahlenwerte bei den beiden Umfragen erwartet hätte. Dass dies eben kein Paradoxon darstellte und die Frage nur für viele etwas unglücklich formuliert war, stellte sich dann auch im Folgenden durch Erklärung seitens Professor Prodingers heraus, da viele VO-Aufzeichnungen eben nicht zur Verfügung gestellt werden konnten aufgrund mangelnder Zustimmung durch die Lehrenden. Rein rechtlich könne nämlich niemand dazu gedrängt noch gezwungen werden; höchstens in Notfallbestimmungen könnten sie eingefordert werden. 
Zusätzliche Diskrepanz der Prozentwerte wurde zudem dadurch erreicht, dass unterschiedliche Zeiträume abgefragt worden waren – in der ersten Frage nach dem Zeitraum über die gesamte Coronapandemie hinweg, in der zweiten nach einem Semester. 
Was genau Ziel dieser Umfrage war, blieb ein wenig offen; feststand jedoch, dass eine wichtige Chance verpasst wurde, mittels einer guten Idee – dem Stellen von Live-Umfragen – relevante Informationen von den Studierenden zu erhalten. Man hätte etwa fragen können, ob das Streamen von Vorlesungen für die Studierenden wichtig ist, oder ob sich die Meisten eigentlich vor allem aufgezeichnete Vorlesungen wünschten.

Trotz des Umstandes, dass Zustimmung eingeholt werden müsse – wurde in der nun folgenden Frage betont – wären Aufzeichnungen ja gerade für arbeitende Studierende enorm hilfreich. Entgegnet wurde hier, dass nach Einsicht Professor Prodingers in diverse soziale Erhebungen viele Studierende in privilegierten Umfeldern aufwachsen würden und nicht auf Arbeit partout angewiesen wären. Zudem seien weder etwaige Schlüsselausgaben, Skriptenverteilungen und die wenigen Studierenden, die gleichzeitig MolMed studieren oder andere Studiengänge nebenher absolvieren, ernsthafte Gründe für zukünftig universitär geförderte Aufzeichnungen.

Am Podium von links nach rechts:

  • Ishita Srivastava
  • Univ.-Prof. Dr. W. Wolfgang Fleischhacker
  •  Ao. Univ.-Prof. Dr. med. univ. Wolfgang Prodinger

 © Studienvertretung 

Ein komplett eigenes Phänomen – wie im Folgenden erläutert wurde – sei der Große Sezierkurs. Eingeblendet wurden dazu Grafiken, die das VO-Besucherverhalten seitens der Studierenden zeigten und massive Einbrüche im 3. Semester darstellten. Vor diesem Hintergrund werde der Seku komplett umgestaltet und zukünftig in das 1. Semester verschoben, begleitet von vorlesungsarmen Vormittagen.

Folgend wollten die Studierenden wissen, ob Aufzeichnungen nicht hilfreich seien, um nicht Verstandenes nochmals besser wiederholen zu können. Eingegangen wurde nun auf die besonders schwierige rechtliche Grundlage, dass Vortragende den Aufzeichnungen zustimmen müssten, dass Patient:innen aus Gründen der Privatsphäre eindrückliche Beispiele dafür seien, dass Medizin eben nicht in virtueller Form darstellbar sei und dass Verlage nur in Coronazeiten eben keine Strafanzeigen gestellt hätten, weil es in der Zeit eh jeder gemacht hätte. Sollte eine erneute pandemische Situation dies erneut erfordern, würde auch wieder auf Watson umgestellt werden.

Abschließende vorab festgelegte Frage war, ob Aufzeichnungen nicht besonders gut für Kranke wären, die sich ja gezwungen fühlen müssten, entweder in die VO zu gehen und somit potenziell andere anzustecken bzw. zu Hause bleiben und die Inhalte somit verpassen müssten. Grundsätzlich – so Herr Prodinger – seien momentan 3 gefährliche Virenstämme im Umlauf: 1. Rhinoviren, 2. RS-Viren und 3. Coronaviren. Die Rhinoviren würden jedoch für die meisten nur zu einem maximal einwöchigen Schnupfen führen, RS-Viren würden hauptsächlich kleinere Kinder gefährden und Coronainfektionen seien rar gesät an der MUI. Dies seien also keine ernsthaften Gründe für weitere Aufzeichnungen, oder um es mit Herrn Prodingers Worten auszudrücken; er kenne niemanden, der die KMP wegen eines Schnupfens nicht bestanden hätte.

Einige weitere Eindrücke des Diskussionsabends
© Studienvertretung 

Der Abschluss der Diskussion bestand in live von anwesenden Studierenden im Audimax gestellten Fragen, die zum Teil ziemlich emotional belastet waren, begleitet von merklich unterstützendem Beifallklopfen der Mitstudierenden. So wollten einige wissen, ob man nicht als Kompromiss zwischen den Parteien auf Aufzeichnungen verzichten könne, aber eine Hybridlehre in Form eines Livestreams simultan zur VO in Präsenz ermöglichen könne. Dies sei jedoch laut Professor Prodinger sowohl aus Budget-Gründen als auch aus KnowHow-Gründen nicht realisierbar.
Es folgten nun Fragen, die mit der eigentlichen Debatte teilweise wenig zu tun hatten bzw. schon in ähnlicher Form gestellt worden waren und dann fand der Diskussionsabend auch schon sein jähes Ende.
Zurück blieben mehrere sichtlich genervte Studierende, die teilweise Antworten auf Fragen bekommen hatten, die sie nicht gestellt hatten, teilweise keine Antworten auf Fragen bekommen hatten, die sie gestellt hatten und nun unbefriedigter Weise mit vielen offenen Fragen, aber zumindest mit dem Wissen, dass erstmal vieles so bleibt, wie es ist, den Heimweg antraten. Zeitgleich loggten sich die gut 200 virtuell zugeschalteten Studierenden aus, die dieser Diskussion im Netz live zugeschaltet waren.

Fazit des Abends: Auch wenn erkennbar war, dass ein gemeinsamer Nenner zwischen dem Rektorat und vielen Studierenden noch nicht wirklich erreicht werden konnte, so steht zweifellos fest, dass dieser notwendige Gedankenaustausch mit unterschiedlichen Meinungen und Argumenten enorm wichtig ist und als solches offenkundig auch vom Rektorat wahrgenommen wird. Somit gebührt Dank an dieser Stelle nicht nur Prof. Fleischhacker und Prodinger, welche sich zu der Veranstaltung bereit erklärt hatten, sondern auch der STV, welche die Diskussionsrunde unter Leitung ihrer Vorsitzenden – Ishita Srivastava – vorbereitet hatte und anschließend moderierte.

Luc Adrian

Luc Adrian

Redakteur